Ein teuflischer Liebhaber
30.07.2019 AuwHexenverbrennungen im Freiamt (Teil 5): Ein Fall aus Auw
Im Mittelalter wurden Frauen als willensschwache Wesen gesehen. Zu schwach, um dem Teufel widerstehen zu können. So auch Adelheida Müllerin aus Auw. Sie soll eine Affäre mit dem Teufel gehabt und 22 ...
Hexenverbrennungen im Freiamt (Teil 5): Ein Fall aus Auw
Im Mittelalter wurden Frauen als willensschwache Wesen gesehen. Zu schwach, um dem Teufel widerstehen zu können. So auch Adelheida Müllerin aus Auw. Sie soll eine Affäre mit dem Teufel gehabt und 22 Leuten aus der Region Schaden zugefügt haben.
Chantal Gisler
Adelheida Müllerin hat kein leichtes Leben. Sie ist verheiratet, aber ihr Mann stürzt das Paar in die Armut. Er hat sein ganzes Gut verloren. Wie genau, das geht aus dem Protokoll nicht hervor. Adelheida Müllerin belastet diese Situation sehr. Als sie eines Tages Kirschen sammeln geht, soll ihr der Teufel erschienen sein. Er zeigte ihr auf, was sie haben könnte, wenn sie sich ihm hingibt. Sie solle nicht mehr traurig und betrübt sein. Wenn sie sich ihm hingibt, wird er ihr Geld geben. So viel, dass sie nie wieder leiden muss.
Er hat sie nur benutzt
Adelheida Müllerin lässt sich darauf ein. Beginnt eine Affäre mit dem hübschen Mann. Verkehrt mit ihm so oft, dass sie es nicht mehr zählen kann. Vielleicht ist sie in ihn verliebt. Erst später erkennt sie, dass er sie die ganze Zeit nur benutzt hat. Ob es diesen Mann tatsächlich gegeben hat oder ob Adelheida Müllerin das alles unter Folter erfunden hat, ist unklar. Vielleicht hat sie auch daran geglaubt, eine Hexe zu sein. Ein Hinweis für die Echtheit der Geschichte findet sich in den Akten.
Beschimpft, statt ihr zu helfen
Sie findet heraus, dass ihr Liebhaber sie betrogen hat. Adelheida Müllerin ist entsetzt. Wie konnte sie so blind sein? Sie vertraut sich dem Pfarrer von Sins, Wälti Keller, an. Sie beichtet, dass es der Teufel sein muss, der sich als ihr Liebhaber ausgibt. Der Pfarrer fällt aus allen Wolken. Er ist schockiert über die Aussagen von Adelheida Müllerin. Anstatt ihr zu helfen, beschimpft er sie. Wieso hat sie das getan? Was hat es ihr gebracht? Hat er sie schöner gemacht? Solche und andere Fragen wirft ihr der Pfarrer an den Kopf.
Doch Adelheida Müllerin ist eine Kämpferin. Sie lässt sich von den Worten des Pfarrers nicht unterkriegen. Sie geht in die Kirche und bittet die Priester, sie mit geweihtem Wasser zu segnen. Doch ihr Liebhaber lässt nicht locker. Auf dem Heimweg lauert er ihr oft auf. Er soll sie für den Gang zur Kirche bestraft haben. Denn dort, wo die Menschen übereinander richten, könne man Neid und Hass anstiften.
Etliche Male soll ihr Liebhaber ihr eine Salbe gegeben haben. Damit soll sie «Übles anrichten», befiehlt er ihr.
Fast zwei Dutzend Geschädigte
Sie gehorcht. Insgesamt melden sich 22 Geschädigte aus der gesamten Region. Adelheida Müllerin soll acht Kühe, fünf Pferde, vier Kälber, zwei Geissböcke und zwei Schafe sowie eine Sau verhext und getötet haben. Dazu kommt der Tod eines kleinen Mädchens, den sie ebenfalls verursacht haben soll. Sie habe das kleine Mädchen mit der Salbe vom Teufel eingerieben. Das Mädchen wurde krank und verstarb.
Heutzutage ist klar, dass ihr das alles angehängt wurde. Doch es ist erstaunlich, wie viele Menschen der unschuldigen Frau Taten anlasten. Vielleicht wussten es die Leute damals nicht besser. Oder sie mochten Adelheida Müllerin nicht und wollten die Frau als Sündenbock sehen. Ob sie gefoltert worden ist, geht aus den Akten nicht hervor. Auch nicht, was nach ihrer Verurteilung mit ihr passiert ist.
Man muss aber davon ausgehen, dass sie als Hexe hingerichtet wurde. Ob sie vorher geköpft wurde oder bei lebendigem Leib verbrennen musste, ist ebenfalls unklar.
Die Informationen zu diesem Fall stammen aus dem Buch «Die Rechtsquellen des Kantons Aargau», zweiter Teil, Rechte der Landschaft. Bearbeitet von Jean-Jacques Siegrist, Verlag Sauerländer Aarau, 1976.