Die unglaublichen Sarmi-Jungs
21.06.2019 SarmenstorfFussball, Aufstiegsspiel 2./3. Liga: Sarmenstorf – Brugg 1:0 (1:0) – blau-weisse Aufstiegsparty mit 500 Fans
Der FC Sarmenstorf hätte mit 10:0 gewinnen können. Ein 1:0-Mini-Sieg reicht aber auch, um die Rückkehr in die 2. Liga zu feiern. Marco ...
Fussball, Aufstiegsspiel 2./3. Liga: Sarmenstorf – Brugg 1:0 (1:0) – blau-weisse Aufstiegsparty mit 500 Fans
Der FC Sarmenstorf hätte mit 10:0 gewinnen können. Ein 1:0-Mini-Sieg reicht aber auch, um die Rückkehr in die 2. Liga zu feiern. Marco Steiner erzielt das goldene Tor. «Jetzt wird drei Tage lang gefeiert», meint Denis Dubler. Die unglaublichen Sarmi-Jungs machten dann die Nacht zum Tag.
Stefan Sprenger
«Das ganze Dorf ist da» singen die Anhänger des FC Sarmenstorf. Von rund 3000 Einwohnern kommen 500 er ans Spiel und zaubern eine grandiose Stimmung über Tägerig und den Fussballplatz Kleinzelg. «Diese Unterstützung ist gigantisch, das ist kaum zu glauben», sagt der Wohler Markus Dubler im Jubelgeschrei nach dem Spiel. Die Spieler des FC Sarmenstorf schenken den Fans den Aufstieg – und belohnen sich selber für eine beeindruckende Saison.
Mörderpass ja, Killerinstinkt nein
«Ich bin heute Morgen aufgestanden und hatte ein gutes Gefühl», sagt s Nummer 10, Michael Stutz. Er selbst sorgt mit seinem Traumpass auf Marco Steiner dafür, dass sein Gefühl noch besser wird. Steiner trifft nach elf Minuten zum 1:0. Und das mitten in die (einzige) Druckphase des FC Brugg. Zu Beginn haben die Sarmenstorfer grosse Mühe, ins Spiel zu finden. Brugg vergibt drei gute Torchancen.
Nach dem 1:0 ist aber alles anders. Bis zur Halbzeit vergeben die «Blau-Weissen» locker fünf 100-prozentige. Raniero Schmidli, ein Kämpfer wie Gennaro Gattuso – nur mit besserer Technik, Michael Stutz, ein Spielmacher wie Franz Beckenbauer oder Dominic Hunkeler, der so schnell ist wie Gateth Bale und eine Ausdauer hat wie Viktor Röthlin – sie alle vergeben beste Torchancen. Den Mörderpass in die Tiefe haben die Sarmenstorfer drauf. Aber: Wie schon im Cup-Halbfinal gegen Mutschellen fehlt der Killerinstinkt vor der Kiste. «Und je länger das Spiel dauerte, desto mehr bekam ich ein ängstliches Gefühl», sagt Michael Stutz.
Trotz sackstarkem Innenverteidiger-Duo Philipp Strebel und Markus Wyss: Es wäre nicht das erste Mal in dieser Saison, dass die Sarmenstorfer in der Schlussphase noch ein Gegentor kassieren. Doch an diesem 18. Juni ist es anders. In der Nachspielzeit kommt ein Brugger vom Penaltypunkt aus frei zum Schuss. Sarmenstorf-Goalie Patrick Schmidt hext den Ball weg. Mit einem Reflex wie eine Katze klärt er zur Ecke. Und das, obwohl er fast während des ganzen Spiels arbeitslos war. «Eine unglaubliche Parade. Auch dank Patrick Schmidt sind wir in dieser Saison ein Stück besser als zuvor», meint Stutz. Denn auch im zweiten Durchgang sind die Freiämter einiges aktiver und gefährlicher als Brugg.
Präsident und Sportchef happy
Sekunden nach der Wahnsinns-Parade von Patrick Schmidt pfeift der souveräne Schiedsrichter ab. Und nun drehen alle durch. Denis Dubler zaubert ein Bier herbei und schreit «Aufsteigerjungs, Aufsteigerjungs». Der Wohler lobt das Team: «Eine geniale Truppe. Wir fighten enorm füreinander, so als gäbe es kein morgen. Und nun feiern wir, als gäbe es kein morgen.» Drei Tage lang, wie er meint.
Etwas ruhiger angehen wird es der Präsident Tobias Furrer. Er steht nach der ersten Jubel-Welle an der Seite und geniesst sein Aufstiegs-Bier. «Wir haben viele Chancen vergeben. Das muss in der 2. Liga besser werden», sagt er lachend. «Das Potenzial ist vorhanden. Mit diesem Team, mit diesem Kampfgeist können und werden wir in der 2. Liga bestehen.» Sportchef Fabian Baumli steht daneben und sagt: «Wahnsinn, was diese Truppe geleistet hat.» Und dann kommt Fredy Stutz daher, der Ehrenpräsident des FC Sarmenstorf. «Das hat Nerven gekostet. Aber es war absolut verdient. Ich bin stolz auf den FC Sarmenstorf. Wir haben keine Angst vor der 2. Liga.» Nach 2010/11 ist «Sarmi» zurück in dieser Liga. Zum vierten Mal in der Vereinsgeschichte klappt der Aufstieg.
Ehrenpräsident Stutz meint: «2010 sind wir aufgestiegen, 2011 wieder runter. Doch damals waren viele fremde Spieler auf dem Bühlmoos. Heute sind alles einheimische Jungs, die sich zerreissen.» Dafür gibt es ein «High-Five» mit dem Präsidenten.
Und daneben transformieren die Fussballer zu Party-Monstern und starten ihren Bier-Marathon, der irgendwann morgens um 4 Uhr in einer Bar in Muri endet.
Ein Dorf steht hinter dem FC
Die Fans, sie feiern mit – und gehören ebenfalls eine Liga höher. Über 500 sind es, die aus Sarmenstorf anreisen. «Sie haben uns zu dieser starken Leistung gepusht», meint Michael Stutz. Unter den jubelnden Fans sind viele Mitglieder des Turnvereins Sarmenstorf. Denis Dubler sagt: «Wir gehen in ein paar Tagen ans Turnfest nach Aarau. Der Turnverein hat dann seinen Wettkampf und wir unterstützen sie, weil sie uns auch immer anfeuern.» Sarmenstorf – ein Dorf steht hinter seinen Vereinen, die fast ausschliesslich aus Einheimischen bestehen. Eine Erkenntnis, die wohl nachhaltiger ist als jede Aufstiegsfete.
Der Aufstiegscoach geht
Nach dem Aufstieg in die 2. Liga ist klar: Der FC-Sarmenstorf-Trainer Christoph Illi tritt ab
In den Jubel des Aufstiegs kommt ein wenig Wehmut: Christoph Illi, der Aufstiegscoach, er wird das Team verlassen und wieder zum Junioren-Spitzenfussball zurückkehren.
Er ist ein umgänglicher Typ. Christoph Illi, ein sympathischer Fussballkenner. Einen Tag nach dem Aufstieg gibt er einen C-Diplom-Trainerkurs. Nach dem 1:0-Aufstiegssieg gegen Brugg steht er lächelnd da. Er geniesst den Moment. «Die Mannschaft hat einen riesigen Willen gezeigt. Gezählt hat der Sieg. Ein hochklassiges Spiel war es nicht», meint der 39-Jährige, der in Bettwil wohnt. Sein Team krönt die Saison, die mit Startschwierigkeiten begann und mit einer konstant starken Rückrunde schliesslich mit dem Aufstieg endete. «Defensiv sind wir stark und haben am wenigsten Tore kassiert. Offensiv haben wir Potenzial, vor allem in der Chancenverwertung.» Dies war auch im Spiel gegen Brugg zu sehen.
Nötiger Rückhalt fehlte
Illi hat das Team aber perfekt eingestellt – wie so oft. Und trotzdem verlässt er den Verein. In «gegenseitigem Einvernehmen», wie es heisst. Dies ist auch vom Präsidenten und Sportchef zu spüren. Eigentlich ist man sehr zufrieden mit der Arbeit von Illi. Doch im Team hatte er nicht mehr den Rückhalt, den es braucht. «Es ist eine homogene Truppe, die zusammenhält. Und man kann es nicht allen recht machen», sagt Illi.
«Wünsche dem FC Sarmenstorf das Allerbeste»
Heute Freitag gibt es einen internen Abschluss und dann eine Aufstiegsfeier im Bühlmoos mit dem ganzen Verein und allen Anhängern. ««Ich bin froh und stolz, dass wir es gepackt haben und aufgestiegen sind.» Seinen Abgang bestreitet er mit einem «lachenden und weinenden Auge», wie er sagt. Denn er hatte eine gute Zeit in Sarmenstorf. Doch es gab auch Momente, die schwierig waren. Der fehlende Rückhalt lässt einen faden Beigeschmack beim Aufstieg. Doch Illi, der Diplomat, er arrangiert sich damit. Nach einem Jahr beim FC Sarmenstorf wird er wieder in den Junioren-Spitzenfussball gehen. Wo, das ist noch nicht spruchreif. Er freue sich aber auf diese neue Aufgabe «und wünsche dem FC Sarmenstorf das Allerbeste». Die Verantwortlichen des FCS wünschen ihm dasselbe. Und so gibt es trotz Trennung einen versöhnlichen Abschluss.
Er wird jedenfalls in die Geschichte eingehen als Trainer einer der besten Mannschaften, die es in Sarmenstorf je gegeben hat.





