Deutscher Arzt verurteilt
28.06.2019 MutschellenDrei Jahre Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Busse und fünf Jahre Landesverweis: Dieses Urteil hat das Bezirksgericht Bremgarten gefällt gegen den Arzt und Geschäftsleiter des ehemaligen Ärztezentrums Mutschellen. --eob
Freiheitsstrafe und ...
Drei Jahre Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Busse und fünf Jahre Landesverweis: Dieses Urteil hat das Bezirksgericht Bremgarten gefällt gegen den Arzt und Geschäftsleiter des ehemaligen Ärztezentrums Mutschellen. --eob
Freiheitsstrafe und Landesverweis
Bezirksgericht: Urteil gegen den Arzt vom Mutschellen liegt vor
Beantragt hatte die Staatsanwaltschaft vier Jahre Freiheitsstrafe für den ehemaligen Geschäftsführer des Ärztezentrums Mutschellen, geworden sind es drei Jahre. Dazu kommen eine Geldstrafe, eine Busse und der Landesverweis.
Erika Obrist
Vor drei Wochen fand vor dem Bezirksgericht Bremgarten die Verhandlung gegen den ehemaligen Geschäftsleiter des Ärztezentrums Mutschellen statt. Nun liegt das Urteil mit Kurzbegründung vor. Der Angeklagte wurde schuldig gesprochen wegen Tätigkeit als Arzt ohne Bewilligung, wegen mehrfachen Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung, Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen an die AHV und an die berufliche Vorsorge, Veruntreuung von Quellensteuern und Misswirtschaft. In mehreren Punkten wurde der Angeklagte freigesprochen: Weil Taten verjährt sind oder weil die Rechte des Beschuldigten seitens der Staatsanwaltschaft nicht beachtet worden waren. Freigesprochen wurde der Arzt auch vom Vorwurf der Beschimpfung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann vor Obergericht angefochten werden.
Als Arzt gearbeitet trotz Entzug der Bewilligung
Dem heute 64-jährigen Arzt aus Deutschland wurde im Jahr 2014 die Bewilligung entzogen, als selbstständiger Arzt tätig sein zu dürfen. Laut Bezirksgericht ist es erwiesen, dass er trotzdem weiter Patientinnen und Patienten behandelt hat. Zwei Zeugen haben das bei der Verhandlung vor drei Wochen bestätigt. Da hier die Verjährung nach drei Jahren eintritt, kamen nur die ärztlichen Behandlungen nach dem 14. Juni 2016 in Betracht. Das sind laut Gericht «einige wenige Fälle», bei denen sich der Arzt straf bar gemacht hat. Dafür verhängte das Gericht eine Geldbusse von 10 000 Franken.
Im Zuge der Behandlungen ohne ärztliche Bewilligung hat der Beschuldigte Rezepte, Arbeitszeugnisse, Arztberichte und Leistungsrechnungen ausgestellt. In mehr als 500 Fällen hat sich der Arzt daher laut Gericht der Urkundenfälschung und bei drei Abrechnungen an Krankenkassen des Betrugs schuldig gemacht. Dafür verhängte das Gericht eine Geldstrafe.
AHV- und BVG-Beiträge nicht einbezahlt
Weiter verurteilt wurde der Arzt, weil er Arbeitnehmerbeiträge an die AHV und die berufliche Vorsorge (BVG) zweckentfremdet hat. Für all diese Delikte zusammen erhielt er eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 160 Franken. Also insgesamt 57 600 Franken. Darin inbegriffen sind zwei frühere, bedingt ausgesprochene Geldstrafen, welche das Bezirksgericht widerrufen hat. Auch die Verfahrenskosten von 37 300 Franken muss der Verurteilte übernehmen.
Weil in den Akten mehrere hundert Arztberichte und Rechnungen an Krankenkassen fehlten oder nur summarisch aufgelistet waren und weil der Arzt teils bei Befragungen anderer am Verfahren Beteiligter nicht dabei war, resultierte in diesen Fällen ein Freispruch durch das Bezirksgereicht.
Verurteilt wurde der Arzt auch wegen Misswirtschaft und Veruntreuung von Quellensteuern. Letzteres ist eine sogenannte «Katalogtat» der Ausschaffungsinitiative. Wer hier verurteilt wird, der muss ausgeschafft werden, ausser es liege ein Härtefall vor. Ein Härtefall liege hier nicht vor, so das Gericht und verhängte fünf Jahre Landesverweis. Dazu kam eine dreijährige Freiheitsstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre Freiheitsstrafe und zehn Jahre Landesverweis beantragt.
«Ein hartes Urteil»
Das Gericht stellt dem Verurteilten keine gute Prognose aus. Dies wegen seines Verhaltens in der Vergangenheit. Deshalb hat es alle Strafen unbedingt ausgesprochen.
Der Verteidiger hatte vor Gericht auf Freispruch plädiert, höchstens aber auf eine bedingte Geldstrafe und keinen Landesverweis. «Es ist ein hartes Urteil», sagt denn der Verteidiger auf Nachfrage. Positiv wertet er die Freisprüche in vielen Punkten und die Tatsache, dass die Forderungen der Krankenkassen auf den Zivilweg verwiesen wurden. Negativ sieht er die Höhe des Strafmasses. Sowohl bei der Geldstrafe als auch bei der Busse habe das Gericht die maximale Höhe verhängt. Auch die Freiheitsstrafe sei weder bedingt noch teilbedingt und ohne Probezeit ausgesprochen worden.
Er habe sich noch nicht mit seinem Mandanten besprochen, so der Verteidiger weiter. «Im Moment gehe ich davon aus, dass wir Berufung anmelden werden.» Nach Vorliegen des vollständigen schriftlichen Urteils müssten er und sein Mandant entscheiden, ob sie das Urteil tatsächlich vor Obergericht anfechten wollen.