Grosseinsatz für «Paganini»
26.04.2019 BremgartenHeute Freitag führt die Operettenbühne Bremgarten ihr Stück mit dem Teufelsgeiger zum 12. Mal auf. Es ist Halbzeit. Zeit, hinter die Kulissen zu sehen und die Leidenschaft zu spüren, mit der Vereinsmitglieder nicht nur auf der Bühne agieren. Vom Aufwand erfahren, den die ...
Heute Freitag führt die Operettenbühne Bremgarten ihr Stück mit dem Teufelsgeiger zum 12. Mal auf. Es ist Halbzeit. Zeit, hinter die Kulissen zu sehen und die Leidenschaft zu spüren, mit der Vereinsmitglieder nicht nur auf der Bühne agieren. Vom Aufwand erfahren, den die herrlichen Kostüme aus der Epoche des Empire kosten. Dem Team Bühnenbau über die Schulter sehen. Die Operettenwirtin kennenlernen, die alle zwei Jahre ihren Traum lebt. --gla
Gemeinsam die Passion ausleben
«Paganini»: Wie Mitglieder der Operettenfamilie zum Gesamtkunstwerk beitragen
Es sind 180 Mitwirkende auf und neben der Bühne, die das Publikum ein abendfüllendes Kulturereignis geniessen lassen. Der Blick in Garderobe, Restauration und Bühnenbau vermittelt eine Vorstellung vom Grosseinsatz der Vereinsmitglieder.
Lis Glavas
Niccolò Paganini lebte zu Zeiten Napoleons. Gefordert waren also Kostüme im Empire-Stil. Seit 25 Jahren ist Vizepräsidentin Ruth Gianola die Kostümverantwortliche der Operettenbühne. Für viele Produktionen orderte das Team beim Kostümverleih Lambert Hofer in Wien. Die tolle Stadt liess das Erforderliche mit Genuss verbinden. «Natürlich haben wir diese Reisen genossen. Doch mit dem Verleih Jäger in St. Gallen ist es einfacher geworden», erklärt Ruth Gianola. Zum dritten Mal arbeitet sie mit dessen Geschäftsführerin Agnes Faisst zusammen. «Sie kommt zu den beiden Hauptproben nach Bremgarten und würde, falls nötig, zur Generalprobe nochmals kommen.» Eine wertvolle Unterstützung.
Über 140 Kostüme
Die Arbeit der Kostümverantwortlichen beginnt jeweils im Herbst. Der Vorstand startet mit einer Vorbesprechung in St. Gallen. Aus welcher Epoche sind wie viele Kostüme zu beschaffen? In «Paganini» tragen die Mitwirkenden über 140 verschiedene Kostüme. Jägers Kostenvoranschlag übersteigt 40 000 Franken. Ist die Offerte akzeptiert, beginnt Ruth Gianola bei den auftretenden Vereinsmitgliedern Mass zu nehmen. Die Solisten liefern ihre Masse selber. Später folgen Anproben und Anpassungen. Mit der Premiere beginnt Ruth Gianolas Doppelrolle als Chormitglied und guter Geist in der Garderobe. Je nach Kostümstil brauchen mal die Männer, mal die Frauen mehr Unterstützung beim Anziehen. Man hilft sich auch untereinander. Sie repariert Schäden und hofft immer, dass kein grösseres Malheur passiert, welches sie nicht selbst beheben kann. Manche Teile wäscht und bügelt sie zu Hause. «Unzählige weisse Hemden waren es in der letzten Produktion», lacht sie. Vor dem Auftritt der Akteure wandert ihr wachsames Auge über deren Gesamterscheinung. In der Garderobe ist auch der Profi Manfred Massler mit Team am Werk. Es ist die dritte Produktion, in der er für Maske, Frisuren und Perücken verantwortlich ist. «Ich mag die familiäre Atmosphäre hier und schätze die Herausforderung», erklärt er.
Handwerkliche Knacknuss
Schreinermeister Reinhard Figilister ist 2003 als Helfer in den Bühnenbau reingerutscht. Bald übernahm er die Verantwortung inklusive der handwerklichen Herausforderungen. Wenn Bühnenbildnerin Season Suter ihre Vorgaben skizziert hat, beginnt er sich mit der Umsetzung zu befassen. «Zuerst überlege ich mir, was aus unserem Fundus zu verwenden ist. In wenigen Sitzungen kläre ich mit Season Suter Einzelheiten.» Die bescheidenen Ausmasse der Bühne schränken die Gestaltungsmöglichkeiten ein. 40 bis 50 Leute müssen zirkulieren können. Mobiliar ist also sparsam einzusetzen.
Dieses Mal betrat er handwerkliches Neuland. Eine Konstruktion war zu erschaffen, die in den drei Akten unterschiedlichen Zwecken dient. Zweimal ist die fahrbare Wand eine Wirtshausfassade mit einem Balkon über dem Eingang. In einem Akt wird die Wand umgedreht. Dann dient der Balkon dem Auftritt des Violinisten Gabriel Miranda. Entsprechend stabil war das Metallgerüst dieser aufwendigen Konstruktion zu bauen.
Reinhard Figilisters Team installiert auch die Bildschirme, auf welchen der Dirigent an seinem Pult und die Darsteller in der Garderobe das Geschehen auf der Bühne verfolgen können. Es montiert die schallschluckenden Dekotücher an der Decke über dem Zuschauerraum. Unbefriedigend verbessert dieser Stoff die schlechte Akustik. Vier bis sechs Teammitglieder sind pro Aufführung mit dem Umbau der Bühnenbilder beschäftigt.
Einen Traum leben
Ein abend- oder nachmittagfüllendes Kulturereignis beinhaltet selbstverständlich ein gastronomisches Verwöhnprogramm. Uschi Oberthaler ist die passionierte Operettenwirtin. «Ich bin ein Gastgewerbekind», erzählt sie lachend, «und lebe alle zwei Jahre meinen Traum vom ‹eigenen› Restaurant.» Zum zweiten Mal geniesst sie jetzt die grosse Unterstützung von Sepp Füglistaller. Der Gastronom im Unruhestand hat ihr die Verantwortung für die Küche abgenommen.
Liebevoll schart sie ihre heute im Einsatz stehenden «Engel» für ein Gruppenbild um sich. Sie sorgen für das Wohl der Gäste im Restaurantzelt, an der Bar im Foyer des Casinos und im «Stübli» hinter dem Balkon. Das Trinkgeld dürfen sie in eine eigene Kasse geben. «Am 3. Juli gehen wir alle gemeinsam etwas Feines essen», sagt die Chefin. Als leidenschaftliche Gastgeberin bleibt sie im Betrieb, bis sich die letzten Gäste verabschiedet haben. «Dauert manchmal länger als vorgesehen», schmunzelt sie. Weitermachen will sie, solange die Gesundheit es erlaubt «und solange mich der Vorstand noch will». Zu befürchten hat sie den blauen Brief nicht. «Die Uschi ist genial», wehrt das Vorstandsmitglied Urs Schmassmann solches entschieden ab.
Alle Infos zu «Paganini» und Ticketverkauf auf www.operette-bremgarten.ch






