GASTKOLUMNE
29.03.2019 MeinungenCarmen Bärtschi, wohnt in Zürich, vormals Wohlen und Bremgarten.
Kopf-Hand-Herz-Methode
Wenn kein Wunder passiert, erwartet uns ein kalter Winter. Ausser vermutlich beim Wetter. Der Oktober ...
Carmen Bärtschi, wohnt in Zürich, vormals Wohlen und Bremgarten.
Kopf-Hand-Herz-Methode
Wenn kein Wunder passiert, erwartet uns ein kalter Winter. Ausser vermutlich beim Wetter. Der Oktober war in der Schweiz der wärmste seit Beginn der Messungen. Aber das macht die Lage nicht freundlicher – im Gegenteil. Es ist stürmisch auf der Welt: ein eskalierender Krieg in Europa, Inflation, Energieknappheit, der Klimawandel und – als wäre das nicht genug – ein weltweiter Vormarsch faschistischer Politik. Die Welt ist momentan die komplette Überforderung. Nicht nur für den Kopf, sondern auch für das Herz. Nur schon auf dem Laufenden zu bleiben, ist eine Tortur. Die Orientierung zu behalten, scheint zeitweise unmöglich zu sein. Manchmal weiss ich auch gar nicht, ob ich das will. Aus Selbstschutz. Denn je mehr schlechte Nachrichten man liest, desto schlechter fühlt man sich.
Doch eigentlich sollte man etwas tun. Nur was? Die Pflicht sagt einem, man sollte sich der Welt stellen und kämpfen. Der Instinkt, man sollte sich von ihr fernhalten und sich mit helleren Dingen beschäftigen: den Kindern, der Familie, der Ferienplanung, lustigen Tiervideos. Was also ist richtig? Beides. Denn damit wir und die Welt gesund bleiben, sollten wir hinschauen, statt Missstände und Gefahren zu leugnen, dabei jedoch unsere eigene psychische Gesundheit im Auge behalten. Ähnlich wie in der Traumatherapie: Sich schwierigen Erlebnissen und Erinnerungen stellen, jedoch nur dosiert, sonst schalten wir ab und werden handlungsunfähig. Kopf, Herz und Hand integrieren, was bedeutet, dass wir die Vernunft walten lassen (Kopf), uns empathisch mit uns selbst und anderen verbinden (Herz) und so schauen, was wir tun können (Hand). Krisen sind Chancen für Wandel. Individuell wie global.
«Was uns nicht umhaut, macht uns stärker.» Traumatic Growth nennt sich dies in der Psychologie. Negative Erfahrungen können zu positiven Entwicklungen führen. Die Energieknappheit zum raschen Ausbau von erneuerbaren Energien, der Ukraine-Krieg zu mehr Solidarität, zu einer Verteidigung humanistischer und demokratischer Werte. Jedoch nur wenn das Herz nicht in Angst erstarrt und wir weiterhin mit dem Kopf prüfen, welche Nachrichten auch Hand und Fuss haben. Und auch Herz. (A-) Soziale Medien boykottiere ich daher konsequent.