Abwehrboss sagt Tschüss
29.03.2019 HandballHandball, 1. Liga, Abstiegsrunde: Wohlen – Wacker Thun II (Sa, 17.45 Uhr) – Christoph Schraner tritt zurück
Von der Pass-Station zum Abwehrboss: Christoph Schraner spielte ein Jahrzehnt in der ersten Mannschaft von Handball Wohlen. Nun ...
Handball, 1. Liga, Abstiegsrunde: Wohlen – Wacker Thun II (Sa, 17.45 Uhr) – Christoph Schraner tritt zurück
Von der Pass-Station zum Abwehrboss: Christoph Schraner spielte ein Jahrzehnt in der ersten Mannschaft von Handball Wohlen. Nun bleiben noch fünf Saisonspiele, dann ist Schluss. «Die Erinnerungen bleiben für immer», meint der 33-Jährige.
Stefan Sprenger
Man kann es sich kaum vorstellen. Aber der 1,90 m grosse Christoph Schraner war mal klein. 13 Jahre jung, er steht auf dem Pausenplatz in Künten. «Ich wollte ein Hobby. Modellfliegen war ein Thema», sagt er. Doch es kam anders. Andreas Stierli, heute Spielmacher bei Handball Wohlen, damals Spielkamerad in Künten. Er nahm Schraner mit ins Handballtraining. «Ich wollte nicht, tat es dann aber doch. Rückblickend war das ein ziemlich einschneidender Moment», so Schraner.
Der Spatzünder wird ein Leistungsträger
Beim SV Künten spielte er zuerst. Bald gab es eine Spielgemeinschaft mit Pfadi Wohlen. Der Trainer hiess Kure Röllin. «Ich war lange Zeit nur eine Pass-Station am rechten Flügel. Der Ball ging zu Stierli und er machte das Tor», lacht Schraner. Der junge Schraner wurde immer grösser. Und kam im Rückraum zum Einsatz. Erst bei Pfadi Wohlen und dann ab 2008 beim TV Wohlen (heute Handball Wohlen).
Schraner, ein Spatzünder, doch er entwickelte sich mit jeder Saison mehr. Er wurde im Laufe der Jahre zum Leistungsträger. Sein Markenzeichen: Seine dicken Oberschenkel und sein Kampfgeist. Der 33-Jährige war zudem bekannt dafür, dass er da hinging, wo es wehtut. Man hatte den Anschein, dass er Schmerzen mag. «Manchmal vielleicht. Handball ist einfach der geilste Sport», sagt Schraner, der jahrelang als Rechtshänder auf der «falschen» Seite spielte. «Mir machte das nichts aus, ich bin eben überall einsetzbar.» Seine Allrounder-Fähigkeiten waren bei den Wohlern wichtig. Schraner spielte in den vergangenen Jahren praktisch jedes Spiel durch. Er wurde auch zum Abwehrboss. Gemeinsam mit Daniel Eberli hat er die gegnerischen Angriffsreihen vermöbelt. «Eine geile Zeit», meint Schraner.
Schweigen über die legendären Partys
Über 10 Jahre dabei, da erlebt man doch einiges? «Oh ja», lacht Schraner. «Vieles davon gehört aber nicht in die Zeitung, besonders abseits des Handballfeldes hatten wir ein paar gute Partys.» Das waren die Momente, wo er am Sonntagmorgen in der Wohngemeinschaft der beiden Teamkollegen Andreas Stierli und Manuel Frey im Gästezimmer aufwachte, leichtes Kopfweh hatte und sich über den grandiosen Vorabend trotzdem freute. Er schweigt über die Vorkomnisse an den Partys der Wohler Handballer, was Schraner aber erzählen darf, sind sowieso andere Höhepunkte. Der Aufstieg mit dem früheren Handball-Star Ognjen Backovic war ein Höhepunkt. Auch 2016 und das erste Duell im Schweizer Cup gegen die Kadetten Schaffhausen sieht er als «einmaliges Erlebnis». Ebenfalls wichtig: «Wir konnten nun viele Jahre in der 1. Liga bleiben. Wir haben den Ruf als Liftmannschaft abgelegt.» Auch ein besonderer Fakt: Schraner spielte jahrelang mit seinen besten Kumpels Handball. Alle etwa im gleichen Alter. «Mit Manuel Frey und Andreas Stierli waren es wohl über zwei Jahrzehnte», so Schraner, der in den letzten drei Jahren auch im Vorstand des Vereins tätig war.
Die Heirat folgt in ein paar Wochen
Nun will er nicht mehr. Mit 33 Jahren habe er weniger Biss. Und: Es passt nicht mehr aus zeitlichen Gründen. In der Vergangenheit war Schraner bekannt dafür, dass er am Samstagnachmittag direkt von seinem Velo-Geschäft auf das Handballfeld spurten musste. «Nach Feierabend sofort ins Handball, das ist belastend.» Und nun ist er als Geschäftsführer von «Radsport Vik Schraner» in Nussbaumen noch mehr eingespannt. «Mein Vater wird 2019 pensioniert, da liegt es nicht mehr drin, so oft in der Handballhalle zu sein», meint «Schrani», der auch in seiner Freizeit gerne auf das Mountainbike oder Rennrad steigt.
Wie die Zeit nach dem Handball wird, dass kann er noch nicht sagen. Es werde «sicherlich komisch». Doch er hat – abgesehen vom Job – auch privat guten Support. Mit seiner Freundin Jaqueline Leuenberger, die zu NLB-Zeiten jahrelang in Wohlen Handball spielte, ist er nun seit neun Jahren liiert. «In ein paar Wochen werden wir heiraten», sagt Schraner lächelnd. Eine Handball-Wohlen-Hochzeit quasi, denn die beiden haben sich – natürlich und logisch – in der Hofmattenhalle kennengelernt.
«Ich werde es vermissen»
Schraner, der heute in Niederrohrdorf lebt, freut sich nun auf die letzten Handballspiele. Am meisten vermissen werde er die Mannschaft. «Die Stimmung hier in Wohlen, sie war immer, in jeder Saison, einfach genial. Die Dinge, die wir erleben durften, sie bleiben unvergessen. Die vielen gewonnen Spiele, die Team-Reisli, die Trainingslager, das Bier nach dem Training, die Partys mit den Jungs, ich werde es vermissen.»