Familien besser integrieren
29.01.2019 EggenwilDie Feuerwehr betreibt bei ihren Einsätzen einen Kinderhütedienst
Drei Frauen bilden in der Feuerwehr Eggenwil eine Spezialtruppe. Diese betreut bei einem Brand die Kinder der Feuerwehrleute. Das Modell ist laut Kommandant Thomas Hausherr ...
Die Feuerwehr betreibt bei ihren Einsätzen einen Kinderhütedienst
Drei Frauen bilden in der Feuerwehr Eggenwil eine Spezialtruppe. Diese betreut bei einem Brand die Kinder der Feuerwehrleute. Das Modell ist laut Kommandant Thomas Hausherr bisher wohl einzigartig in der Schweiz.
Roger Wetli
«Wir hatten bisher immer genügend Feuerwehrleute in der Gemeinde», weiss Hausherr. «Viele davon sind Väter.» Es sei bei einigen Notfällen vorgekommen, dass diese Personen zwar zu Hause waren, aber auf ihre Kinder aufpassen mussten, weil just an dem Abend ihre Frauen einen familienfreien Abend hatten. «Bei einer Alarmübung wäre es im Ernstfall sogar knapp geworden, weil die Feuerwehrmänner und -frauen erst ihre Kinderbetreuung organisieren mussten. Sie erschienen deshalb spät am Einsatzort.» Da sei dem Feuerwehrkommando endgültig bewusst geworden, dass Vereinbarkeit von Familie und Feuerwehr schwierig sein kann.
Kinder beschäftigen
Vizekommandant Pascal Vogel, seine Frau Karin, Adjudantin Claudia Blunschi und Thomas Hausherr entwickelten ein Konzept für eine Kinderbetreuungsgruppe. Dieses wurde von der Feuerwehrkommission und durch den Gemeinderat genehmigt. «Da der Sold der neuen Truppe von der Gemeinde bezahlt wird, brauchte es ein Budget, aber kein Okay der Aargauischen Gebäudeversicherung.» Schnell wurden Tanja Belser und Oksan Nanz für die Kinderbetreuung gefunden, deren Männer bereits in der Feuerwehr waren. Letztes Jahr stiess noch Fabienne Senn dazu.
Ab einem «Brand Mittel» können die Kinder beim Schulhaus oder beim Feuerwehrmagazin abgegeben werden. Die drei Frauen beschäftigen dann den Nachwuchs, während die Eltern im Einsatz sind. «Wir kennen die Kinder der Feuerwehrleute», erklärt Tanja Belser. «Bei einem Ereignis unter der Woche während des Unterrichts würden wir die Kinder nach der Schule im Foyer der Turnhalle betreuen. Wir rechnen mit drei bis fünf Kindern.» Bisher kam die Truppe nur einmal zum Einsatz. «Bei einem Hochwasser 2017 wurden uns drei Kinder abgegeben», erinnert sich Belser.
Damit die drei Frauen in der Feuerwehr richtig integriert sind, tragen sie nicht nur eine Uniform, sondern nehmen pro Jahr auch an zwei bis drei Übungen teil. «Bei normalen Trainings sind wir nicht dabei», ergänzt Fabienne Senn. «Erstens sind diese Übungen lange vorher angekündigt und deshalb planbar. Zweitens beginnen sie jeweils um 19.30 oder 20 Uhr. Also wenn die Kinder bereits im Bett sind.» Das Angebot richtet sich an Familien mit Nachwuchs bis zur sechsten Klasse. «Danach sind sie genug alt und selbstständig, um über die Abwesenheit der Eltern einfach nur informiert zu werden», so Belser.
Anpassung an die Realität
Der Hütedienst ermöglicht es der Feuerwehr, die Verfügbarkeit von Mannschaftsmitgliedern unter der Woche tagsüber zu erhöhen. Viele Feuerwehrleute arbeiten dann ausserhalb von Eggenwil. «In solchen Situationen sind wir um jede Person froh», so der Kommandant. «Wenn wir dank dem Angebot auch Teilzeit-Hausmamis- und -papis auf bieten können, hilft uns das sehr.» Wobei Grossbrände häufig in der Nacht entstehen, weil dann die Feuer spät entdeckt werden.
Das Projekt sei schlicht eine Anpassung an die heutige Realität. Die Attraktivität der Feuerwehr werde dadurch gesteigert. «Ich weiss von mindestens drei Frauen, d ie hauptsächlich wegen dem Hort der regulären Feuerwehr beigetreten sind.» Die Erfahrungen seien äusserst positiv. Mit dem aktuellen Stand von drei Hortfrauen ist die Truppe gut aufgestellt. «Wir haben immer wieder Frauen, die sich für die Aufgabe interessieren, müssen aber weitere Personen ablehnen.»
Das Projekt würde dank den guten Erfahrungen weitergeführt. «Für uns ist das keine bahnbrechende Idee, sondern ein logischer Lösungsansatz, der sich aus der Situation ergeben hat», sagt Thomas Hausherr.