Kleines Paradies für Krebse
20.11.2018 TägerigIn Tägerig werden Hochwasserschutz und Naturschutz ideal kombiniert
Gleich mehrfach überflutete der Galgenbach in den letzten Jahren einen Fischteich und die anschliessenden Gebiete. Jetzt wird er am Weiher vorbeigeführt und das Gebiet wird ...
In Tägerig werden Hochwasserschutz und Naturschutz ideal kombiniert
Gleich mehrfach überflutete der Galgenbach in den letzten Jahren einen Fischteich und die anschliessenden Gebiete. Jetzt wird er am Weiher vorbeigeführt und das Gebiet wird aufgewertet. Das freut Mensch und Tier. Vor allem den Dohlenkrebs.
Chregi Hansen
Fast direkt an der Strasse zwischen Tägerig und Wohlenschwil, versteckt hinter einigen hohen Bäumen, liegt ein kleiner Fischweiher. Diesen hat Roland Strebel Mitte der 70er-Jahre angelegt und dort Forellen, Karpfen und Edelkrebse eingesetzt.
Viele Jahre machte ihm der privat genutzte Weiher grosse Freude. Doch immer wieder kam es zu Überschwemmungen durch den Galgenbach, der in den Teich fliesst. Lange Zeit ohne gravierende Folgen. Im Juni 2016 aber überflutete der Bach die angrenzende Strasse und das auf der anderen Seite liegende Landwirtschaftsland, Geröll und Geschiebe blockierten zudem die eingedolte Fortführung des Baches. Erste kleine Korrekturen zum Hochwasserschutz wurden durchgeführt, zeigten aber wenig Wirkung. Im Januar 2018 kommt es wieder zur Überschwemmung. «Der Galgenbach hat ein sehr grosses Einzugsgebiet, das rächt sich bei starkem Regen», erklärt Strebel.
Dank neuen Tümpeln den Weiher entlasten
Jetzt liegt ein neues Projekt vor. Dieses wurde in Absprache mit der Abteilung Landschaft und Gewässer von der Pro Natura ausgearbeitet. Die Idee: Der Galgenbach fliesst nicht mehr direkt in den Weiher, sondern seitlich an ihm vorbei. Durch das Anlegen von fünf kleineren Tümpeln im Bachverlauf können die Wassermassen bei Starkregen zurückgehalten werden. Der Aushub der neuen Tümpel wird für einen kleinen Damm verwendet, der den Bach vom Fischweiher fernhält. Derzeit liegt das Baugesuch auf, die Arbeiten sollen im kommenden Frühling erfolgen.
Einheimischen Krebs fördern
«Die Geschichte zeigt, wie aus einer kleinen privaten Initiative heraus ein tolles, wegweisendes Projekt entstehen kann», freut sich Johannes Jenny, der Geschäftsleiter von Pro Natura. «Und dass aus etwas Negativem wie diesen Überschwemmungen etwas Positives werden kann.» Er ist überzeugt: Von diesem Projekt profitieren alle. So wird nicht nur etwas gegen das Hochwasser getan, sondern das Gebiet wird insgesamt ökologisch aufgewertet. Denn im Weiher lebt unter anderem der Dohlenkrebs. «Dabei handelt es sich um einen einheimischen Krebs, den wir gerne fördern wollen», erklärt Projektleiter Philipp Schuppli. Dies geschieht, indem einige hohe dichte Bäume entfernt werden, wodurch der Teich mehr Licht erhält und sich im Frühling schneller erwärmt, was für die Entwicklung des Bestandes sehr wichtig ist. Zudem werden im Uferbereich Verstecke angelegt, wo der Krebs dann überwintern kann.
Aber nicht nur dieser soll profitieren. Dank der zusätzlich angelegten flachen Tümpel erhoffen sich die Fachleute von Pro Natura die Ansiedlung von Amphibien wie etwa der Gelbbauchunke. «Wir schaffen hier wertvollen Lebensraum für ganz verschiedene Tiere und Pflanzen», ist Schuppli überzeugt. «Und leisten damit einen Beitrag zur Artenvielfalt. Zudem sorgen wir für eine bessere Vernetzung der verschiedenen Lebensräume.» Weiter sollen auch Hecken und Kopfweiden angepflanzt werden. Auch diese bieten wiederum vielen Tieren eine Heimat.
Apropos Vernetzung: Der neue Bachverlauf wird ab der Strasse wie bisher unterirdisch verlaufen. Das hat in diesem Fall aber sogar einen Vorteil. «Im Reussgebiet haben sich Krebsarten angesiedelt, die nicht heimisch sind und die sich rasch ausbreiten. Weil der Galgenbach aber über eine längere Distanz eingedohlt ist, werden diese Krebse den Fischweiher nicht erreichen und damit die heimische Art nicht verdrängen», erklärt Schuppli.
Grundeigentümer wird entlastet
«Ich bin immer wieder fasziniert, welche tollen Projekte im Kleinen entstehen können. Natürlich hoffen wir, dass so etwas Nachahmer findet», sagt Matthias Betsche, der Präsident von Pro Natura. Finanziert werden die Projektkosten in der Höhe von rund 80 000 Franken einerseits durch Beiträge aus dem «naturemade star-Fonds» der Elektrizitätswerk der Stadt Zürich, anderseits durch den Kanton.
Froh um die jetzt gefundene Lösung ist auch Grundeigentümer Roland Strebel. «Es hat mich zu Beginn schon geschmerzt, dass ich unentgeltlich Land für den neuen Bachverlauf abgeben muss. Unter dem Strich ist es aber auch für mich eine positive Sache», sagt er. Denn immerhin ist er durch die Abtretung auch nicht mehr für den Unterhalt verantwortlich. Und Hochwasser sollte es auch keines mehr geben. Dem kleinen Paradies für Tier und Mensch steht also nichts mehr im Weg.

