«Das ist einfach feige»

  09.03.2021 Handball

Reaktionen aus Wohlen, Muri und Mutschellen zum Saisonabbruch

Am vergangenen Donnerstag kommunizierte der Schweizerische Handballverband, dass alle Meisterschaften der Aktiven abgebrochen werden. Zwei Drittel der Vereine haben sich für einen Abbruch ausgesprochen. Von den drei Freiämter Clubs waren zwei gegen einen Abbruch. Die Meinungen über die Situation gehen in der Region auseinander.

Josip Lasic

Die Nationalligen A und B der Männer und der Frauen dürfen weiterspielen, die Junioren dürfen weiterspielen, aber die Meisterschaft der Aktiven ab der 1. Liga abwärts ist zu Ende. Egal ob Männer oder Frauen, bei Handball Wohlen, dem TV Muri und dem HC Mutschellen ist die Saison vorbei. Wirklich überraschend kommt die Nachricht für niemanden. Die Vereine und ihre Teams nehmen sie aber mit gemischten Gefühlen entgegen.

«Es war absehbar, dass abgebrochen wird», sagt Handball-Wohlen-Trainer Generoso Chechele. «Es gab im Januar eine Umfrage unter den Vereinen, ob nach Ostern weitergespielt werden soll. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir in der Schweiz das Virus überhaupt nicht im Griff», erklärt der Wohlen-Trainer. «Es hätte mich erstaunt, wenn die Mehrheit der Vereine sich dafür entschieden hätte, dass wir weitermachen.»

Die Wohler starteten durchwachsen in die Saison. Aus sieben Spielen resultierten nur zwei Siege. Aber: Im letzten Duell vor dem Meisterschaftsunterbruch konnte Wohlen nach einer langen Durststrecke das Derby gegen Muri wieder für sich entscheiden. «Ich hatte den Eindruck, dass wir uns langsam finden und die Formkurve nach oben zeigt. Gerne hätte ich beobachtet, ob sich meine Vermutung bestätigt. Als Trainer und als Spieler bist du nie für einen Abbruch.»

Chechele hat allerdings Verständnis, dass so entschieden wurde. Bei der Umfrage wurde den Vereinen die Option Abbruch oder die Variante, mit einem dichteren Spielplan fertig zu spielen, vorgelegt. In den Monaten April und Mai ist die Meisterschaft im Handball normalerweise im Endspurt. Dieses Jahr wären noch zahlreiche Spiele zu bestreiten gewesen. «Wir hätten ungefähr alle drei Tage eine Partie gehabt. Nach einer so langen Zeit ohne Training wäre das Verletzungsrisiko sehr hoch gewesen. Ich denke, dass die Entscheidung so richtig ist.»

Martin Laubacher: «So haben wir Planungssicherheit»

Wohlen-Präsident Martin Laubacher bestätigt, dass sich der Vorstand des Clubs für einen Saisonabbruch ausgesprochen hat. «Die Aktiven hätten nach Ostern starten sollen, dürfen aber nach wie vor nicht richtig trainieren. Wie soll das gehen?»

Der Wohlen-Präsident ist der Meinung, dass diese Saison ohnehin gegessen war. «Jetzt haben wir nach dem Abbruch Planungssicherheit und wissen, dass wir uns auf die nächste Saison konzentrieren können.»

«Frust, dass der Sport nicht ausgeübt werden kann»

Der TV Muri wollte die Saison ebenfalls fertig spielen. Über den engen Spielplan, über den Mutschellen-Präsident Müller sagt: «Es wäre machbar gewesen», äussert sich Muri-Trainer Claude Bruggmann: «Es wäre ein Experiment gewesen, aber so ist es einfach ein Frust, dass man über einen so langen Zeitraum seinen Sport, sein Hobby nicht ausüben kann.» Die Murianer, die in der gleichen Erstliga-Gruppe spielen wie die Wohler, hatten eine deutlich bessere Saison. Die ersten vier Spiele gewannen die Klosterdörfler. In den letzten drei konnten sie zwar nur ein Unentschieden bei zwei Niederlagen – unter anderem im Derby gegen Wohlen – herausholen, doch im Klosterdorf war man bereit zu kämpfen, das Ruder wieder herumzureissen und sich im späteren Verlauf der Saison auch beim Rivalen aus Wohlen zu revanchieren. «Du planst so viel, erarbeitest dir Dinge, willst die Mannschaft weiterentwickeln und dann wird alles auf Eis gelegt», so Bruggmann. «Einfach nur frustrierend.»

Muri-Trainer Bruggmann bleibt optimistisch

Beim TV Muri fängt man diese Woche wieder mit dem Training an. «Es ist mehr so, dass wir uns treffen, um gemeinsam in diesen 15er-Gruppen Sport zu treiben. So können wir uns immerhin gemeinsam fit halten und es ist nicht jedem Einzelnen überlassen. Mit Handball hat das aber noch nicht viel zu tun.»

Hat der Muri-Trainer Verständnis dafür, dass der Sport so lange lahmgelegt wird? «Ich möchte aktuell jedenfalls nicht mit den Politikern tauschen, die das zu entscheiden haben», sagt er. «Aus meiner jetzigen Position glaube ich, dass ich bezüglich des Sports mutiger gewesen wäre und die Massnahmen früher gelockert hätte. Ob ich das auch sagen würde, wenn ich es wirklich entscheiden und verantworten müsste, weiss ich nicht.» Bruggmann bleibt optimistisch, dass es in der nächsten Saison normal weitergehen kann.

Pitsch Müller: «Es geht um den Handballsport»

HC-Mutschellen-Präsident Pitsch Müller war gegen den Abbruch und kann auch sein Wohler Pendant Martin Laubacher nicht ganz verstehen. «Auch wir hatten im Verein Stimmen, die wegen der Verletzungsgefahr nicht weitermachen wollten. Ganz ehrlich, ich finde alle Vereine, Spieler und den Verband, alle, die für Abbruch plädiert haben, feige», sagt Müller. «Es geht jetzt nicht um eigene Befindlichkeiten, sondern um den Handballsport. Wir kämpfen seit Jahren dafür, dass in der Schweiz mehr Leute eine Lizenz lösen und Handball spielen. Das erreichen wir sicher nicht damit, wenn die Meisterschaft jetzt erneut abgebrochen wird und noch mehr Leute auf den Geschmack kommen, dass zu Hause auf der faulen Haut hocken auch ganz okay ist. Diese Entscheidung ist enttäuschend und einfach feige.»

Müller macht kein Geheimnis daraus, dass er auch enttäuscht ist, weil sein Verein gern um den Aufstieg mitgespielt hätte. Die Mutscheller standen in der 2. Liga mit zwei Siegen und einem Remis aus drei Spielen auch gut da. «Ja, wir wollten aufsteigen. Im Herbst haben wir ein Jubiläumsfest gemeinsam mit dem Fussballclub und den Leichtathleten und es wäre schön gewesen, wenn wir das in der neuen Liga hätten feiern können. Aber primär wollten wir weiterspielen, damit weitergespielt wird, und haben uns als Verein auch in der Umfrage so geäussert.»

Mutschellen-Präsi Müller versucht trotz allem Frust auch das Positive zu sehen. «Nach dem Abgang von Trainer Stefan Konkol haben wir jetzt mehr Zeit, um uns auf die neue Saison vorzubereiten und unseren neuen Trainer Mario Obad in das Team einzubinden.»

Laubacher hat Verständnis für Mutscheller

Wohlen-Präsident Martin Laubacher hat Verständnis für Pitsch Müller. «Viele Teams, die aufsteigen wollten, waren für die Fortsetzung der Saison. Mutschellen wurde jetzt bei seinen Plänen gleich zweimal ausgebremst. Das würde mich auch ärgern.»

Die Vereine sitzen auch im selben Boot, was den Schaden betrifft, den der erneute Abbruch anrichtet. Es kommt aber von allen Seiten Entwarnung. Um die drei Freiämter Handballclubs muss man sich aktuell noch keine Sorgen machen. «Auch wenn wir noch nicht wissen, wie gross der finanzielle Schaden wirklich ist», fügt Müller an.


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